Chronik

 
 Die Geschichte des Schöneberger Südgeländes 

und der sich darauf befindenden Kleingartenkolonien


Das Südgelände

Das Südgelände ist Bestandteil des Bezirks Schöneberg-Tempelhof. Schöneberg war ursprünglich eine eigeständige Stadt in Preußen und hatte 1910 über 170000 Einwohner. 1920 wurden Schöneberg und Friedenau als Stadtbezik in Berlin eingemeindet.

Das heutige Südgelände besteht aus einem 18 Hektar großen Naturpark (Natur-Park Schöneberger Südgelände) der 1999 auf dem ehemaligen Gelände des Rangierbahnhofs Tempelhof eröffnet wurde. Dazu zählt auch eine der größten zusammenhängenden Kleingartenflächen Berlins, die westlich des Naturparks liegt und durch die S-Bahn Linie S2/25, sowie den dort entlang führenden, 2004 entstandenen Hans-Baluschek-Park getrennt wird. Hier sind mehr als 2600 Parzellen in 26 Kleingartenkolonien zusammengefasst.



Geschichte der Bahnflächen

Im Jahr 1841 wurde die Berlin-Anhaltischen Eisenbahn und die Berlin-Dresdener Eisenbahn eröffnet. 1889 wurde östlich der gemeinsamen Trasse der Rangierbahnhof Tempelhof angelegt, der bis in die 1930er Jahre mehrfach erweitert wurde. Nördlich des Prellerwegs wurde außerdem 1931 das Bahnbetriebswerk Tempelhof Rangierbahnhof aufgebaut. Mit der Schließung des Anhalter Bahnhofs 1952, wurden alle von dort ausgehenden Ferngleise abgebaut, auch die Westhälfte des Rangierbahnhofs Tempelhof wurde dabei stillgelegt. Die nicht mehr genutzten Fernbahngleise und der Rangierbahnhof wurden allmählich von der Natur zurückerobert. Die Osthälfte des Rangierbahnhofs wurde jedoch für einen eingeschränkten Rangierbetrieb weiter genutzt, während das Bahnbetriebswerk zum Sitz der Brückenmeisterei West der Deutschen Reichsbahn umfunktioniert wurde. Ende der 1970er Jahre kamen Überlegungen auf, auf dem Gelände einen neuen Südgüterbahnhof zu errichten, der alle Güterbahnhöfe im Süden Berlins ersetzen sollte. Hierzu wurden entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Berliner Senat und der Reichsbahn getroffen, letztlich jedoch nicht umgesetzt. 1980 sollte mit den Rodungen des teilweise überwachsenen Gebietes begonnen werden. Bürgerinitiativen konnten aber den Nachweis des ökologischen Wertes des Geländes erbringen und die Rodung stoppen. 1989 wurden die Planungen für den Südgüterbahnhof endgültig aufgegeben.



Geschichte der Kleingartenkolonien

Viele Kolonien auf dem Südgelände wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet. Seinerzeit gab es 31 Kolonien mit rund 7000 Kleingärten auf dem ursprünglich von Schöneberger Bauern genutzten Areal. Schon damals durchzog der Priesterweg das Gelände. Er diente als Verbindung der Dorfkirche Schöneberg mit ihrer Filialkirche in Lankwitz. Die Berliner Bauordnung aus dem Jahr 1892 sah das heutige Südgelände für eine lockere zweistöckige Bebauung vor. Einige Jahre später sollte dann sogar eine dichtere Bebauung mit vierstöckigen Häusern möglich sein. 

Aufgrund der geplanten Entwicklung des Gebietes sicherten sich Bauspekulanten die Grundstücke. Während diese die Grundstücke in Erwartung der großen Bauprojekte liegen ließen, siedelten sich erste Gärtner entlang des Priesterwegs an, die auf dem Gelände provisorische Hütten und Nutzgärten errichteten.

Zunächst verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine umfangreiche Bebauung des Gebietes. 1918 sollten dann aber 15.000 Wohnungen gebaut werden, dieses Vorhaben wurde aber durch den Widerstand der Kleingärtner verhindert.

1920 sollten 34,3 Hektar Dauerkleingärten geschaffen werden, was allerdings schnell in Vergessenheit geriet. Im gleichen Jahr wurde der Bezirksverband der Kleingärtner gegründet.

Während des Nationalsozialismus und den Planungen für eine sogenannte „Welthauptstadt Germania“ sollte das Gelände mit Wohnungen für bis zu 400.000 Menschen und einem Großbahnhof bebaut werden. Nach 1935 wurde dafür das Schöneberger Südgelände geräumt. Die deutsche Reichsbahn entschädigte alle Kleingärtner mit einer Summe von 25 Mio Mark und machte aus dem Gelände eine Bauwüste. Die einzigen Gebäude, die in dieser Zeit tatsächlich entstanden, war die Großsiedlung am Grazer Damm mit über 2.000 Wohnungen.

Der Zweite Weltkrieg verhinderte dann den Bau des Güterbahnhofs, der aber nach dem „Endsieg“ verwirklicht werden sollte. Im Krieg wurden dann Flakstellungen und Unterkünfte auf diesem Gelände errichtet. Daneben gab es aber auch wieder Kleingärten.

Häuserbau und Autobahnkreuz in der Nachkriegszeit

Nach Kriegsende wurde im Auftrag des amerikanischen Kommandanten die Einteilung der Parzellen vorgenommen. Hunger und Wohnungsnot machte den Kleingarten für viele zur Sache des Überlebens. Nach der Währungsreform und Blockade sollte die Wohnungsgesellschaft GSW auf dem Gelände Wohnungen errichten. Die Bundesbahn als Rechtsnachfolgerin der Reichsbahn erhob jetzt Anspruch auf das Südgelände, durch Proteste der Kleingärtner und Anwohner konnte dies verhindert werden. 

1952 legte die Bahn die Strecke Berlin–Halle still. Die Fernbahngleise wurden nicht mehr genutzt ebenso wie der Rangierbahnhof Tempelhof. Ein Teil des Geländes wurde vom Vorarlberger Damm bis zum Riemenschneiderweg für den Wohnungsbau freigegeben. Hier entstanden in der Nordmannzeile und Wendlandzeile mehrere Wohnhochhäuser Auch beim Bau der Bundesautobahn 100 wurden für das Autobahnkreuz Schöneberg 800 Kleingärten geräumt. 1971 folgten weitere.

Erneutes Scheitern eines Güterbahnhofs 1978 und Natur-Park

1978 sollten für den Bau des Güterbahnhofs über 700 Kleingärten geräumt werden. Durch den Protest der neu gegründeten Schutzgemeinschaft Südgelände sowie der Kleingärtner und Anwohner, wurde die Räumung auf 116 Parzellen zurückgenommen. Bei Bedarf sollten allerdings nochmals 100 Kleingärten geräumt werden. Fast 20.000 Bürger sprachen sich gegen den Bau des Güterbahnhofes durch ihre Unterschrift aus. Der damalige Bausenator Harry Ristock (SPD) versprach 1978, dass das Schöneberger Südgelände verstärkt Dauergelände werden sollte. Forderung der damals oppositionellen CDU: „Schöneberg braucht jeden Quadratmeter Grün- und Erholungsfläche. Das Südgelände muss als Dauerkleingartengebiet ausgewiesen werden.“

Seit 1980 liegt ein Gelände von über 20 Kleingärten brach, obwohl tausende von Bürgern allein in Schöneberg einen Garten suchen und Wartezeiten von 2½ Jahren bestehen. 99 Parzellen gelten seit dieser Zeit als sogenannte „Pflegegärten“ und haben keine Verträge. 1994 wurden für den Bau einer städtischen Kindertagesstätte am Riemenschneiderweg 14 Parzellen der Kolonie Canova abgerissen. Dem Bau des Bahnhofs Südkreuz fielen weitere 79 Parzellen zum Opfer.



Chronik der „Alten Ziegenweide“

1925 wurden die schon zum Teil auf dem Gelände vorhandenen Kleingärten unter dem Namen „Alte Ziegenweide“ zusammengefasst. Man kann davon ausgehen, dass die Namensfindung auf das damals übliche Halten von Kleintieren zurückgeht, zu denen auch Ziegen gehörten, die, an Stricken gebunden, am Bahndamm und auf freien Flächen weideten.

Leider sind viele Dokumentationen durch den Zweiten Weltkrieg verloren gegangen und so sind wir auf die Aussagen von Zeitzeugen angewiesen. Eine dieser Zeitzeugen ist Frau Erna Schmidtzberg, die von Kindheit an auf diesem Gelände gelebt hat und anlässlich der Eintragung unseres Vereins ins Vereinsregister eine Chronik über die Kolonie geschrieben hat, die hier auszugsweise wiedergegeben wird.

Nach ihrer Schilderung war das ganze Gelände ein Paradies für Kinder, nicht immer ganz ungefährlich, aber gut für Abenteuer. Für die Erwachsenen war es nach schweißtreibender Arbeit ein Feierabendgenuss und ein Gewinn zusätzlich noch Obst und Gemüse ernten zu können. Strom und fließend Wasser gab es damals noch nicht und so wurde Wasser gepumpt und der Zylinder der Petroliumlampe poliert. Auf dem Priesterweg gab es im Sommer den Eis- und Braunbierwagen. Morgens rumpelte der Verkaufswagen der Firma Bolle mit Milch und Butter durch die Straße.

1926/27 wurde der Bahnhof Priesterweg gebaut und die Bahntrasse bildete die Grenze zum Bezirk Tempelhof. Auf der Seite zur Dudenstraße und zum Sachsendamm gab es noch Kornfelder. Ein großer markanter Gebäudekomplex war das 1910 erbaute Auguste Viktoria Krankenhaus, zu seiner Zeit das modernste Hospital in Berlin.

Wie die anderen Kolonien musste in den 30er Jahren auch die „Alte Ziegenweide“ dem Bebauungsplan (Güterbahnhof) weichen. Zur Verwirklichung der Pläne kam es nicht und so wurde nach Ende des Krieges ab 1945 wieder kleingärtnerisch gesiedelt. Eine selbstgebaute Gartenlaube war für viele das festes Dach über dem Kopf. Improvisieren war angesagt. Das größte Problem war nun die Urbarmachung des von Bomben und Unkraut völlig verwüsteten Geländes.

1946 wurde die Parzellen neu festgelegt und neue Pachtverträge ausgegeben. Die Not zwang zum Obst- und Gemüseanbau, um überleben zu können. Die Ernte musste sogar überwacht werden, um den Schwund in Grenzen zu halten. Schon damals fand man sich in der Vereinskantine zu oftmals lustigen Runden ein. Nachbarschaftshilfe war Programm und so manches schöne Kinderfest wurde gefeiert, soweit es der bescheidene Rahmen ermöglichte.

Die Kolonie „Alte Ziegenweide“ gehört mit den Kolonien Sonnenbad und Grüne Aue zu den drei größten auf dem Südgelände. Im Laufe der Jahre hat sich das Aussehen der Kleingärten verändert. Das Wasser kommt aus dem Hahn und Strom aus der Steckdose. Schmucke Häuschen ersetzen nun größtenteils die selbstgebauten alten Hütten. Viele der Gärten gleichen nun kleinen Parks und man findet dort nur noch Bäume, Büsche, Blumen und Rasen. Aus ökologischer Sicht ist es aber wichtig, dass die Gärten eine ausgewogene Bepflanzung aufweisen, um einerseits Vögeln und Kleintieren einen Lebensraum zu bieten und anderseits allen Stadtbewohnern die Nutzung einer begehbaren und ökologisch vielfältigen Grünanlage zu bieten.


Quelle: Wikipedia  (Südgelände) und Chronik „Alte Ziegenweide“

AZW


 

Suedgelaende2Im Natur-Park Schöneberger Südgelände


Historie02s

Bild: Blick vom Wasserturm Richtung Norden
(Carl Bellingroth 1935)



Historie03sBild: Koloniegelände im Mai 1945.
Im Hintergrund die Siedlung "Grazer Damm".


Die Kolonien auf dem Südgelände


Verein Parz. qm seit
Alt Schöneberg
Alte Ziegenweide
Bergfrieden
Burenland
Canova
Einigkeit am Priesterweg
Frohsinn
Glück im Winkel
Grüne Aue
Grünes Tal
Heiterkeit
Ideal
Kaninchenfarm
Lindenbaum
Lindenhain
Luisengärten
Maxstraße
Neue Zeit
Roseneck
Samoa
Sommerheim
Sonnenbad
Spreewald
Vorarlberg
Wiedervereinigung
Wiesengrund
96
186
90
118
144
102
90
108
206
88
34
30
101
19
157
73
34
73
127
129
100
219
141
42
73
91
27.715
47.986
27.501
34.285
40.051
23.187
30.980
33.699
48.931
25.390
9.680
9.718
25.856
4.785
45.672
28.637
6.710
17.738
36.823
31.547
27.729
52.482
44.196
10.126
22.965
27.784
1926
1925


1924

vor 1926
1909
1907

1913

1945










1905

 



Priesterweg2Bild: S-Bahnhof Priesterweg
(im Hintergrund der Wasserturm im Südpark)


SommergartenBild: Blühende Gärten im Sommer
(die „Alte Ziegenweide“ heute)


Historie04sBild: Kinderfest der „Alten Ziegenweide“ 1952


SonnenuntergangMeck400Bild: Sonnenuntergang am Meckerweg

 

LogoG
Das Symbol der „Alten Ziegenweide“:
Der Ziegenkopf